Welche Strafe droht bei Erpressung nach § 144 StGB (Österreich)
Dass man sich des Deliktes der Erpressung sehr schnell strafbar machen kann, ist vielen Menschen gar nicht bewusst. Bei der Erpressung versucht jemand, sich selbst oder Dritte rechtswidrig durch Gewalt oder durch Androhung eines Übels zu bereichern. Welches Strafe dafür droht und welches Verhalten darunter fällt, wird in diesem Artikel genauer erklärt.
Was ist eine Erpressung gemäß § 144 StGB und welche Strafen drohen?
§ 144 des österreichischen Strafgesetzbuch (StGB) bestimmt, dass wer jemanden mit Gewalt oder durch gefährliche Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung nötigt, die diesen oder einen anderen am Vermögen schädigt und dabei mit dem Vorsatz gehandelt hat, durch das Verhalten des Genötigten sich oder einen Dritten unrechtmäßig zu bereichern, ist mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.
Bei der Erpressung handelt es sich um eine Sonderform der Nötigung gemäß § 105 StGB. Diese liegt im Wesentlichen dann vor, wenn jemand durch Gewalt, also Anwendung von physischer Kraft, oder eine gefährliche Drohung zu einer Handlung, Duldung oder Unterlassung bewogen wird. Der Unterschied zur Nötigung liegt darin, dass bei der Erpressung eine Vermögensschädigung sowie eine Bereicherung notwendig ist. Der Genötigte muss bei der Erpressung zu einem Verhalten bewogen werden, dass direkt bei sich oder einem anderen eine Vermögensschädigung herbeiführt.
Wann liegt eine Vermögensschädigung vor?
Dem Delikt der Erpressung liegt ein wirtschaftlicher Vermögensbegriff zugrunde. Das heißt, dass zum Vermögen die Gesamtheit der wirtschaftlichen Werte einer Person zählen.
Der Begriff „Vermögen“ kann daher sowohl Bargeld umfassen, als auch Sachen, wie etwa Schmuckgegenstände, Grundstücke oder Fahrzeuge. Auch Unternehmensanteile oder Arbeitsleistungen fallen darunter. Jede Verminderung des Vermögens beim Genötigten oder einem Dritten ist eine Vermögensschädigung im Sinne des § 144 StGB.
Eine Geringfügigkeitsgrenze existiert nicht. Bedeutend ist lediglich, dass ein Schaden eintritt, der wirtschaftlich messbar ist. Das ist etwa dann nicht der Fall, wenn der Täter eine Sache abnötigen möchte, die wirtschaftlich wertlos ist. Zu denken ist hierbei etwa an Gegenstände, die lediglich sentimentalen Wert haben, wie etwa ein Foto eines geliebten Menschen, das keinen Verkehrswert besitzt. Der Täter kann mangels messbarer Vermögensschädigung keine Erpressung verwirklichen, jedoch kann er sich weiterhin wegen des Deliktes der Nötigung oder gefährlichen Drohung strafbar machen.
Achtung, auch wenn man jemanden wegen Drogen oder gestohlene Sachen erpresst, kann man sich nach § 144 StGB strafbar machen. Die abgenötigten Sachen müssen nicht unbedingt einen Tauschwert im redlichen Geschäftsverkehr haben. Daher macht man sich auch der Erpressung strafbar, wenn man einen Drogendealer um Suchmittel erpresst und ihm droht, ansonsten die Polizei zu rufen.
Notwendiger Vorsatz
Erpressung ist ein Vorsatzdelikt. Um das Delikt der Erpressung zu erfüllen sind sowohl
- Nötigungsvorsatz,
- Schädigungsvorsatz, sowie
- Bereicherungsvorsatz
notwendig.
Das bedeutet, der Vorsatz muss darauf gerichtet sein, das Opfer zu nötigen, es am Vermögen zu schädigen und sich selbst oder einen Dritten durch das Verhalten des Opfers zu bereichern. All diese Voraussetzungen müssen im Zeitpunkt der Tatbegehung vorliegen. Fehlt es am Vorsatz, so ist das Delikt der Erpressung nicht erfüllt.
Relevant ist dies besonders dann, wenn es um die erforderliche Bereicherung geht. Hier muss der Vorsatz vorliegen, sich oder einen dritten unrechtmäßig zu bereichern. Der Täter muss daher eine Verbesserung seiner wirtschaftlichen Vermögenslage anstreben und zumindest bedingten Vorsatz darauf haben, dass eine solche Verbesserung unrechtmäßig geschieht. Sofern der Täter einen rechtsgültigen Anspruch auf seine Forderung hat, fehlt es an der erforderlichen Unrechtmäßigkeit. Er macht sich dann nicht der Erpressung strafbar.
Dies ist auch dann der Fall, wenn der Täter aufgrund eines Irrtums annehmen konnte, dass ihm ein solcher gültiger, und von der Rechtsordnung auch anerkannter, zivilrechtlicher Anspruch zusteht, obwohl dies nicht der Fall ist. In diesen Fällen liegt keine Erpressung vor, weil es am Bereicherungsvorsatz mangelt. Wiederum kann der Täter sich jedoch weiterhin wegen einer gefährlichen Drohung oder Nötigung strafbar machen.
Versuchte Erpressung gemäß §§ 15, 144 StGB
Die Erpressung nach § 144 StGB ist ein sogenanntes Erfolgsdelikt, das bedeutet, es ist erst dann vollendet, wenn es zur tatsächlichen Vermögensminderung beim Opfer kommt. Entscheidend ist also der Zeitpunkt des Eintritts des Vermögensschadens.
Es ist aber auch der Versuch bereits strafbar, ohne dass es tatsächlich zum Erfolgseintritt kommt. Das ist etwa dann der Fall, wenn beispielsweise der Täter durch gefährliche Drohung einen Geldbetrag vom Opfer verlangt, dieses sich jedoch weigert diese Forderung zu begleichen. Hier kommt es zwar zu keiner Vermögensschädigung, da aber der Täter bereits eine Ausführungshandlung gesetzt hat, liegt eine versuchte Erpressung vor. Diese wird mit der gleichen Strafhöhe wie die vollendete Erpressung bestraft.
Wann liegt eine schwere Erpressung gemäß § 145 StGB vor?
Wer eine Erpressung begeht, indem er
- mit dem Tod, mit einer erheblichen Verstümmelung oder einer auffallenden Verunstaltung, mit einer Entführung, mit einer Brandstiftung, mit einer Gefährdung durch Kernenergie, ionisierende Strahlen oder Sprengmittel oder mit der Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz oder gesellschaftlichen Stellung droht,
- die genötigte oder eine andere Person, gegen die sich die Gewalt oder gefährliche Drohung richtet, durch diese Mittel längere Zeit hindurch in einen qualvollen Zustand versetzt
begeht eine schwere Erpressung und beträgt die angedrohte Freiheitsstrafe hierfür ein bis zehn Jahre.
Ebenso ist zu bestrafen, wer eine Erpressung gewerbsmäßig begeht. Das bedeutet, der Täter beabsichtigt sich durch die Erpressung ein nicht bloß geringfügiges, fortlaufendes Einkommen zu verschaffen. Nach ständiger Rechtsprechung ist ein Betrag von monatlich mehr als € 400,00 notwendig.
Hat die Tat den Selbstmord oder Selbstmordversuch des Genötigten oder eines anderen zur Folge, gegen den sich die Gewalt oder gefährliche Drohung richtet, liegt gemäß § 145 Abs 3 ebenfalls eine schwere Erpressung vor und liegt der Strafrahmen gleichsam zwischen einem und zehn Jahren.
Wann ist eine Erpressung nicht strafbar?
Ähnlich wie bei der Nötigung ist auch die Erpressung gemäß § 144 Abs 2 dann nicht rechtswidrig, wenn die Anwendung der Gewalt oder Drohung als Mittel zu dem angestrebten Zweck nicht den guten Sitten widerstreitet.
Dies ist dann der Fall, wenn sowohl das angewendete Nötigungsmittel als auch der Nötigungszweck den guten Sitten nicht widerstreitet; es muss zwischen beiden auch ein sachlicher Zusammenhang im Sinn einer Mittel-Zweck-Beziehung bestehen. In Frage kommen Fälle, in denen der Täter zwar keinen Anspruch gegen das Opfer hat, jedoch einen quasi-moralischen Anspruch durchsetzen möchte, wie beispielsweise die Rückgabe eines bereits übergebenen Geschenks. Der Täter muss sich weiters einem Nötigungsmittel bedienen, welches rechtlich erlaubt ist, wie beispielsweise der Drohung mit einer Anzeige oder mit der Beendigung von Geschäftsbeziehungen (Vgl Eder/Rieder in Höpfel/Ratz, WK² StGB 144 Rz 33 ff).
Nach ständiger Rechtsprechung des OGH verstoßt aber schon eine Drohung mit – per se – zulässigen Verhaltensweisen zum Zweck des Erwirkens einer unrechtmäßigen Bereicherung jedenfalls gegen die guten Sitten, womit solche Drohungen ebenfalls nicht im Sinn des § 144 Abs 2 StGB gerechtfertigt sind (RS0131920).
Häufige Formen von Erpressung
Klassische Formen der Erpressung sind die zum Beispiel die Drohung mit Gewalt, um Bargeld oder andere Wertgegenstände zu bekommen.
Die Drohung beim Arbeitgeber mit einer Strafanzeige oder Anzeige bei der Steuerbehörde, um seinen Lohn zu erhalten.
Die Drohung mit der Veröffentlichung von Nacktfotos, um einen Geldbetrag zu erhalten, oder das Entgelt von einer Prostituierten zurückzubekommen.
Die „Kunsterpressung“ bei welcher der Täter, ein Kunstwerk stiehlt um dem Opfer die Rückgabe des Werks gegen die Zahlung eines Geldbetrags anbietet.
Wann liegt Erpressung vor, wann Raub?
Wie bereits ausgeführt liegt der Unterschied zwischen der einfachen Nötigung und der Erpressung lediglich darin, ob der Täter einen Schädigungs- und Bereicherungsvorsatz hätte. Die Frage ob es sich um einen Raub oder eine Erpressung handelt, liegt im Wesentlichen darin, dass der Täter beim Raub die Beute sofort will und bei der Erpressung erst zu einem späteren Zeitpunkt. Hält der Täter beispielsweise dem Opfer eine Waffe an den Kopf und verlangt die sofortige Übergabe von Bargeld, handelt es sich um einen Raub. Muss sich das Opfer jedoch zuvor diese Summe verschaffen und wird eine spätere Übergabe vereinbart, liegt eine Erpressung vor. Diese Unterscheidung kann praktisch deshalb sehr bedeutsam sein, da das Grunddelikt des Raubes eine höhere Strafandrohung als jenes der Erpressung hat.
Wann verjährt die Erpressung?
Das Delikt der Erpressung und schweren Erpressung und deren Verjährung ist in § 57 StGB geregelt. Die Verjährungsfrist ist abhängig von der Strafandrohung des jeweiligen Deliktes. Die Verjährung der Strafbarkeit beträgt bei
- Erpressung nach § 144 Abs 1 StGB 5 Jahre
- Schwerer Erpressung nach § 145 StGB 10 Jahre
Was passiert, wenn wegen Erpressung in Österreich gegen mich ermittelt wird?
Wie bereits erwähnt, ist Erpressung ein Vorsatzdelikt und muss der Vorsatz von der Staatsanwaltschaft nachgewiesen werden. Sollte daher aufgrund einer Anzeige ein Ermittlungsverfahren gegen Sie eingeleitet werden und die Polizei Sie als Beschuldigten zur Vernehmung laden, sollten Sie keine Aussage tätigen, ohne vorher mit mir als Ihrem Verteidiger in Strafsachen gesprochen haben.
Beachten Sie, dass in einer Stresssituation schnell unbedachte Aussagen bei der Polizei getätigt werden oder Aussagen von dieser unrichtig protokolliert werden, welche dem Beschuldigten dann im späteren Verfahren als Beweis des Vorsatzes zur Last gelegt werden können. Gerade für den notwendigen Nachweis des Vorsatzes ist die erste Aussage sehr wichtig. Haben Sie zum Beispiel in der polizeilichen Aussage zugegeben, dass Sie wussten, dass Ihnen die von Ihnen erpresste Forderung nicht zusteht, wird es im Gerichtsverfahren sehr schwer, das Gericht davon zu überzeugen, dass man der Ansicht war, lediglich eine zustehende und fällige Forderung einzufordern. Dies kann dann den Unterschied machen, ob man einen Vorsatz hatte und dann vom Gericht verurteilt wird oder man freigesprochen wird, weil man keinen Vorsatz für eine Erpressung hatte.
Artikel teilen:
Dieser Artikel soll lediglich eine kurze Übersicht darstellen und ist ohne Gewähr. Sofern Sie weitere Fragen haben, können Sie uns gerne jederzeit während unserer Kanzleizeiten telefonisch kontaktieren. Weitere Hinweise zu strafrechtlichen Delikten finden Sie hier
Stand: September 2023
Mag. Sascha Flatz, Ihr Rechtsanwalt für Strafsachen in 1010 Wien.
- Mail: office@rechtsanwalt-flatz.at
- Tel: +43 1 402 6467
- Web: www.rechtsanwalt-flatz.at
Rechtsgrundlagen für die Strafe bei Erpressung: