Schutz vor häuslicher Gewalt in der Familie!
Gerade während den Ausgangsbeschränkungen in der Coronakrise ist zu befürchten, dass die Fälle häuslicher Gewalt in der Familie wieder ansteigen. Häufig sind es Ehemänner oder Lebensgefährten, die gegenüber Frauen gewalttätig werden, aber es gibt auch die umgekehrten Fälle. Im Folgenden erkläre ich, welche Möglichkeiten Polizei und Gerichte haben, um die Opfer häuslicher Gewalt zu schützen:
Das Betretungs- und Annäherungsverbot gemäß § 38a Sicherheitspolizeigesetz bei häuslicher Gewalt:
Sofern anzunehmen ist, dass ein Täter gegen eine andere Person einen gefährlichen Angriff auf Leben, Gesundheit oder Freiheit begehen wird, ist die alarmierte Polizei berechtigt einem Täter wegzuweisen. Das bedeutet dem Täter wird gemäß § 38a SPG das Betreten der Wohnung, samt einem Bereich im Umkreis von hundert Metern untersagt (Betretungsverbot). Dazu reicht es aus, dass dies wegen eines vorangegangenen tätlichen Angriffs oder Drohungen gegen das Opfer oder auch Randalieren des Täters in der Wohnung angenommen werden kann.
Wurde das Betretungsverbot erlassen, wird dem Täter von der Polizei der Wohnungsschlüssel abgenommen und ihm noch erlaubt persönliche Gegenstände mitzunehmen. Er muss dann die Wohnung sofort verlassen.
Mit dem Betretungsverbot verbunden ist auch das Verbot der Annäherung des Täters an das Opfer im Umkreis von hundert Metern (Annäherungsverbot). Das Betretungs- und Annäherungsverbot kann von der Polizei grundsätzlich für zwei Wochen ausgesprochen werden und ist zumindest einmal in den ersten drei Tagen zu kontrollieren.
Zusätzlich muss der Täter binnen fünf Tagen ein Gewaltpräventionszentrum kontaktieren, um eine Gewaltpräventionsberatung in einem Ausmaß von sechst Stunden zu vereinbaren. Die Beratung beinhaltet Themen wie mögliche rechtliche Konsequenzen, Lösung der Akutsituation ohne Gewalt und eine Auseinandersetzung mit dem gewalttätigen Verhalten. Die Beratung hat innerhalb von 14 Tagen ab Kontaktaufnahme stattzufinden. Kommt der Täter dem nicht nach, droht ihm eine Verwaltungsstrafe von € 1.000,00 bis zu € 4.600,00 im Wiederholungsfall oder eine Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu sechs Wochen.
Seit 2021 gilt im Falle eines ausgesprochenen Annäherungs- und Betretungsverbots auch ein obligatorisches Waffenverbot. Zudem hat die Behörde zu prüfen, ob die Voraussetzungen für ein dauerhaftes Waffenverbot gegeben sind. Dagegen gibt es jedoch das Rechtsmittel der Beschwerde an das jeweilige Landesverwaltungsgericht.
Die gerichtlichen einstweiligen Verfügungen gemäß §§ 382b und 382e EO bei häuslicher Gewalt:
Innerhalb von zwei Wochen ab Erlass der Verfügung kann das Opfer häuslicher Gewalt bei Gericht dann einen Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung gemäß § 382b Exekutionsordnung (Schutz vor Gewalt in der Wohnung) oder gemäß § 382e EO (Allgemeiner Schutz vor Gewalt) stellen. Dadurch wird das polizeiliche Betretungs- und Annäherungsverbot von zwei auf vier Wochen verlängert. In dieser Frist kann Gericht entscheiden, ob es dem Antrag stattgibt.
Aufgrund eines Antrages gem. § 382b EO kann das Gericht dann dem Täter für längstens sechs Monate, oder den Abschluss eines Scheidungsverfahrens das Verlassen der Wohnung und deren unmittelbarer Umgebung auftragen.
Voraussetzungen für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382b EO sind:
- dass der Täter durch einen körperlichen Angriff, eine Drohung mit einem solchen Angriff, oder ein die psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigendes Verhalten dem Opfer das weitere Zusammenleben unzumutbar macht sowie
- dass die Wohnung der Befriedigung des dringenden Wohnbedürfnisses des Opfers dient.
Aufgrund eines Antrages gem. § 382e EO kann das Gericht dem Täter für längstens ein Jahr den Aufenthalt an bestimmt zu bezeichnenden Orten und deren Umkreis verbieten. Zusätzlich kann das Gericht dem Täter auferlegen die Kontaktaufnahme und das Zusammentreffen mit dem Opfer zu vermeiden.
Voraussetzungen für die Erlassung einer einstweiligen Verfügung nach § 382e EO sind:
- dass der Täter durch einen körperlichen Angriff, eine Drohung mit einem solchen Angriff, oder ein die psychische Gesundheit erheblich beeinträchtigendes Verhalten dem Opfer das weitere Zusammentreffen unzumutbar macht sowie
- dass keine schwerwiegende Interessen des Täters der einstweiligen Verfügung zuwiderlaufen.
Das Opfer muss vor Gericht lediglich „bescheinigen„, dass ein Angriff, eine Drohung oder ein beeinträchtigendes Verhalten des Täters vorliegt. Eine solche Bescheinigung können Spuren der körperlichen Misshandlung durch den Täter sein, aber auch Zeugenaussagen oder Ton- und Videoaufnahmen.
Die gerichtliche einstweilige Verfügung gemäß § 382g:
Sollte der Täter zwar körperlich Abstand halten, aber durch zahlreiche Telefonanrufe oder sonstiges Verhalten unzumutbar in das Privatleben eines Opfer eingreifen (Stalking) kann dies unter den Tatbestand der beharrlichen Verfolgung gemäß § 107a StGB fallen. Dann kann das Opfer zusätzlich eine einstweilige Verfügung gemäß § 382g (Schutz vor Eingriffen in die Privatsphäre) bei Gericht beantragen.
Der Anspruch auf Unterlassung von Eingriffen in die Privatsphäre kann dann beispielsweise durch folgende Mittel gesichert werden:
- Verbot persönlicher Kontaktaufnahme sowie Verbot der Verfolgung des Opfers,
- Verbot brieflicher, telefonischer oder sonstiger Kontaktaufnahme,
- Verbot des Aufenthalts an bestimmt zu bezeichnenden Orten,
- Verbot, einen Dritten zur Aufnahme von Kontakten mit dem Opfer zu veranlassen.
Die einstweilige Verfügung aufgrund von Stalking kann das Gericht längstens für ein Jahr anordnen.
Strafbestimmungen bei Verstößen gegen die Auflagen aufgrund häuslicher Gewalt:
Sofern der Täter gegen das polizeilich erlassene Betretungs- und Annäherungserbot verstößt, oder gegen eine der oben angeführten gerichtlichen einstweiligen Verfügungen, kann gegen ihn gemäß eine Verwaltungsstrafe in Höhe von bis zu € 2.500,00 und im Wiederholungsfall von bis zu € 5.000,00 verhängt werden. Im Fall der Uneinbringlichkeit kann eine Ersatzfreiheitsstrafe von bis zu sechs Wochen verhängt werden. Wenn der Täter wiederholt den Schutzbereich betritt, besteht zudem die Möglichkeit einer Festnahme durch die Polizei. Selbstverständlich bestehen daneben sämtliche Strafandrohungen des Strafrechtes, sofern der Täter noch andere strafbare Handlungen setzt.
Die drei oben angeführten Anträge auf Erlassung einer gerichtlichen einstweiligen Verfügung können vom Opfer selbst bei Gericht eingereicht werden. Dazu ist es nicht notwendig, dass zuvor ein Betretungs- und Annäherungsverbot von der Polizei erlassen wurde.
Ich empfehle allerdings vor Beantragung einer gerichtlichen einstweiligen Verfügung sich bei einem Rechtsanwalt rechtlich beraten zu lassen. Ich kann den Antrag auf einstweilige Verfügung für Sie so verfassen, dass diesem auch vom Gericht stattgegeben wird. Weiters kann ich Sie bei sämtlichen sonstigen Fragen, wie zum Beispiel Ehescheidung beraten und rechtlich vertreten. Zusätzlich kann ich das Verhalten des Täters auf weitere strafrechtliche Delikte wie zb beharrliche Verfolgung oder Körperverletzung prüfen und Ihre Schmerzensgeldansprüche für Sie geltend machen.
Rechtsmittel:
Ein polizeiliches Betretungs- und Annäherungsverbot kann von den Sicherheitsbehörden jederzeit formlos wieder aufgehoben werden. Sollte gegen Sie ein polizeiliches Betretungs- und Annäherungsverbot erlassen worden sein und sind Sie der Ansicht, dass dies zu unrecht erfolgte, steht Ihnen dagegen binnen sechs Wochen das Rechtsmittel der Maßnahmenbeschwerde zur Verfügung. Gegen eine gerichtliche einstweilige Verfügung steht Ihnen binnen zwei oder vier Wochen das Rechtsmittel des Widerspruchs und des Rekurses zur Verfügung. Das Rechtsmittel des Rekurses steht auch dem Opfer zu, sofern der Antrag auf Erlassung einer einstweiligen Verfügung vom Gericht abgewiesen wurde. Gegen ein dauerhaftes Waffenverbot gibt es das Rechtmittel der Beschwerde an das jeweilige Landesverwaltungsgericht.
Zusammenfassung:
Sofern es zu häuslicher Gewalt gekommen ist, rufen Sie sofort die Polizei. Diese wird den Täter dann wegweisen und darf er die Wohnung 14 Tage nicht mehr betreten. Danach können Sie eine einstweilige Verfügung bei Gericht beantragen, dass der Täter sich weiterhin nicht mehr Ihnen und der Wohnung nähern darf. Sofern die Polizei den Täter zuerst weggewiesen hat, ist es wesentlich einfacher, dass das Gericht dann eine einstweilige Verfügung bewilligt. Ansonsten muss man beweisen, dass ein Angriff zu befürchten ist, was umso schwerer ist, je länger der Vorfall zurückliegt.
Sollten Sie von der Polizei weggewiesen werden, müssen Sie dieser Anordnung unbedingt Folge leisten! Sind Sie der Meinung, dass Sie zu unrecht weggewiesen wurden, sollten Sie jedenfalls alle Rechtsmittel ausschöpfen, um diese Entscheidung zu bekämpfen. Eine unbekämpfte Wegweisung kann vor allem in einem späteren Scheidungs– oder Obsorgeverfahren äußerst nachteilige Folgen für den Betroffenen haben. Ein unbekämpftes Waffenverbot gilt ebenfalls für mehrere Jahre. Wenden Sie sich daher sofort an einen Rechtsanwalt, sofern Sie von der Polizei weggewiesen wurden.
Stand: Dezember 2021
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Dieser Artikel soll lediglich eine kurze Übersicht darstellen und ist ohne Gewähr. Sofern Sie weitere Fragen zum Thema häusliche Gewalt haben, können Sie mich gerne jederzeit während meiner Kanzleizeiten telefonisch kontaktieren. Weitere Hinweise zu strafrechtlichen Delikten finden Sie hier und weitere Hinweise zum Familienrecht finden Sie hier
Mag. Sascha Flatz, Ihr Rechtsanwalt für Strafsachen in Wien.
- Mail: office@rechtsanwalt-flatz.at
- Tel: +43 1 402 6467
- Web: www.rechtsanwalt-flatz.at
Rechtsgrundlagen:
§§ 38a, 84 SPG, §§ 382b, 382e 382g EO, § 1 Gewaltschutzgesetz 2019