Welche Strafe droht bei Wiederbetätigung nach dem Verbotsgesetz?
Der häufigste Fall von Wiederbetätigung erleben wir in der Form, dass über Messengerdienste wie WhatsApp, Facebook oder Instagram, Bilder versendet werden, die unter das Verbotsgesetz fallen. Diese Bilder enthalten oft Anspielungen auf Adolf Hitler, der NSDAP, dem Nationalsozialismus generell oder dem Holocaust enthalten.
Ist das Versenden von Hitler-Bildern bei WhatsApp und Facebook Messenger nach dem Verbotsgesetz strafbar?
Was vielen nicht bewusst ist, ist, dass neben der direkten Wiederbetätigung, wie zum Beispiel dem Zeigen des Hitlergrußes, auch das Versenden oder Posten von Bildern über Adolf Hitler, den Holocaust oder Organisationen des dritten Reiches in Österreich nach dem Verbotsgesetz strafbar sein kann. Häufig werden solche Bilder aus „Spaß“ versendet und hat der Absender überhaupt keine nationalsozialistische Gesinnung.
Wenn man solche Bilder mit verbotenen Inhalten versendet, kann § 3g des Verbotsgesetzes 1947 zur Anwendung kommen, welcher bestimmt:
„Wer sich auf andere als die in den §§ 3a bis 3f bezeichnete Weise im nationalsozialistischen Sinn betätigt, wird, ist mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.
Wer die Tat auf eine Art und Weise begeht, dass sie vielen Menschen zugänglich wird, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen. Bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Betätigung, ist der Täter mit einer Freiheitsstrafe von 10 bis 20 Jahren zu bestrafen.“
§ 3g Verbotsgesetz ist ein Auffangtatbestand der die Möglichkeit bieten soll, jede nationalsozialistische Wiederbetätigung im Keim zu ersticken. Die Betätigung für die NSDAP oder eine Ihrer Organisationen zur Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung, ist sowieso nach § 3 Verbotsgesetz streng verboten.
Wann liegt eine Wiederbetätigung nach § 3g Verbotsgesetz vor?
Eine Wiederbetätigung im Sinne des § 3g liegt dann vor, wenn die Zielsetzung der NSDAP zu neuem Leben erweckt werden soll. Dazu reicht schon die Verharmlosung des NS-Regimes oder seiner Verbrechen, die Glorifizierung der Person oder des „Lebenswerkes“ von Adolf Hitler. Ebenso fällt die Verunglimpfung jener Personen, die Widerstand gegen das NS-Regime geleistet haben, darunter. Nach ständiger Rechtsprechung fällt jede unsachliche, einseitige sowie propagandistische vorteilhafte Darstellung nationalsozialistischer Maßnahmen und Ziele unter § 3g Verbotsgesetz.
Um sich nach § 3g des Verbotsgesetzes strafbar zu machen, muss nach ständiger Rechtsprechung der Vorsatz vorhanden sein, im nationalsozialistischen Sinne zu handeln oder in Österreich wieder ein nationalsozialistisches Regime installieren zu wollen. Es reicht jedoch bedingter Vorsatz. Das bedeutet, der Täter hält die Verwirklichung eines Tatbestandes ernsthaft für möglich und findet sich mit diesem Risiko ab.
Laut ständiger Rechtsprechung reicht es für die Annahme des bedingten Vorsatzes nicht aus, wenn man bloß feststellen kann, dass der Täter um die Tatbestandsverwirklichung hätte wissen müssen oder können, oder hätte mit ihr rechnen müssen (RIS-Justiz RS0089257). Er muss die Verwirklichung des Tatbestandes ernstlich für möglich halten und sich damit abfinden. Wenn der Täter die Verwirklichung des Tatbildes noch nicht einmal für möglich hält, erkennt er das Risiko nicht und handelt somit ebenfalls ohne Vorsatz.
Leugnen oder Verharmlosung des Holocaust nach dem Verbotsgesetz
Gemäß § 3h Verbotsgesetz ist, wer öffentlich den nationalsozialistischen Völkermord oder andere nationalsozialistische Verbrechen gegen die Menschlichkeit leugnet, verharmlost, gutheißt oder zu rechtfertigen sucht, mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen.
Wer die Tat in einem Druckwerk, im Rundfunk oder in einem anderen Medium oder sonst auf eine Art und Weise begeht, dass sie vielen Menschen zugänglich wird, ist mit Freiheitsstrafe von einem bis zu zehn Jahren zu bestrafen. Bei besonderer Gefährlichkeit des Täters oder der Tat beträgt die Strafandrohung 10 bis 20 Jahre.
Damit ist vor allem der Holocaust, somit die Verbrechen der Nationalsozialisten an den Juden, Sinti, Roma und anderen als „minderwertig“ betrachteten Personen gemeint. Achtung, mit 01.01.2024 wurde das Verbotsgesetz verschärft. Bislang war nur die gröbliche Verharmlosung strafbar. Nunmehr ist jegliche Verharmlosung und somit jeder „Witz“ über die Opfer des Nationalsozialismus strafbar!
Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofes ist die organisierte Massentötung (überwiegend) von Menschen jüdischer Abstammung eine historische Tatsache im Range zeitgeschichtlicher Notorietät, die als solche keiner beweismäßigen Widerlegung zugänglich ist (RIS-Justiz RS0080038). Das bedeutet, diese Verbrechen der Nationalsozialisten sind eine unbestreitbare Tatsache und können nicht zur Verteidigung in Zweifel gezogen werden oder widerlegt werden.
Sofern man wegen eines solchen Deliktes von der Staatsanwaltschaft angeklagt wird, findet die Hauptverhandlung vor einem Geschworenengericht statt. Es wird dann vor Gericht jedes einzelne Bild genau geprüft und wurden in der Vergangenheit bereits zahlreiche Versender „lustiger Bilder“ über Adolf Hitler oder den Holocaust nach diesem Gesetz bestraft.
Achtung, Verschärfung des Verbotsgesetz, nun droht Amtsverlust für Beamte und Vertragsbedienstete!
Seit 01.01.2024 wurde das Verbotsgesetz verschärft und hat eine Verurteilung nach dem Verbotsgesetz zur Folge, dass Beamte und Vertragsbedienstete von Bund, Länder oder Gemeinden automatisch ihr Amt oder ihre Anstellung verlieren.
Wie erlangen die Behörden Kenntnis davon?
In der Vergangenheit sind immer wieder WhatsApp Gruppen aufgeflogen, in welchen solche Bilder versendet wurden. Die Absender der Bilder wurden dann von der Polizei ermittelt und fand dann eine Hausdurchsuchung bei diesen statt. Dann werden stets die Mobiltelefone und die Computer beschlagnahmt. Auch werden immer wieder Personen angezeigt, die solche Bilder auf Facebook oder ähnlichen Diensten öffentlich posten.
Was vielen nicht klar ist, ist, dass in Österreich nicht nur das Versenden solcher Bilder in Gruppen oder das Posten auf Facebook strafbar ist, sondern auch das Versenden solcher Bilder als Privatnachrichten. Die Polizei erlangt von solchen Bildern meist Kenntnis aufgrund der Anzeige des Empfängers. Sehr häufig aber auch dadurch, dass das Mobiltelefon aus anderen strafrechtlichen Gründen, wie Suchtgifthandel beim Empfänger oder Absender beschlagnahmt wird. Dann wird ein Strafverfahren wegen nationalsozialistischer Wiederbetätigung gegen die Absender eröffnet.
Beispiele aus der Rechtsprechung, in welchen Personen nach § 3g Verbotsgesetz bestraft wurden:
– Ein Bild, mit dem Konterfei von Hitler und der Text „Ach, Sie sind Jude. Ich vergas“;
– Eine Aufnahme des Konzentrationslagers Auschwitz mit den Worten „Spezialedition. Familien im Brennpunkt 1939-1945“;
– Bild mit der Frage, ob man beim Grillen das Steak jüdisch wolle, also mit Gas;
– Ein Bild von Hitler mit dem Satz „Du bist lustig dich vergas ich zuletzt“
– Selbst Bilder von Hitler und dazu ausländerfeindliche Witze erfüllen bereits den Tatbestand;
– Sogar das Posten von einem Bild auf Facebook mit Eiernockerl und Salat am 20 April, wurde als Wiederbetätigung verurteilt;
Selbst wenn ein Gericht zu dem Urteil gelangt, dass der Tatbestand der Wiederbetätigung nach dem Verbotsgesetz noch nicht erfüllt ist, weil der Vorsatz nicht vorhanden war, kann die Tat jedoch trotzdem verwaltungsrechtlich strafbar sein.
Art. 3 Abs. 1 Ziff. 4 EGVG bestimmt dazu wie folgt:
„Wer nationalsozialistisches Gedankengut im Sinne des Verbotsgesetzes verbreitet, begeht eine Verwaltungsübertretung und mit einer Geldstrafe von bis zu € 10.000,00 zu bestrafen. Im Wiederholungsfall droht sogar eine Geldstrafe von bis zu € 20.000,00 oder eine Freiheitsstrafe von bis zu 6 Wochen.
Mit diesem Gesetz wird ein Verhalten gestraft, das dadurch, dass es den Eindruck erweckt, es werde Wiederbetätigung iSd Verbotsgesetzes betrieben, objektiv als öffentliches Ärgernis erregender Unfug empfunden wird, der die öffentliche Ordnung durch die Verharmlosung nationalsozialistischen Gedankenguts stört (VfSlg 12.002/1989). Für die Erfüllung dieses Tatbestandes ist kein Vorsatz erforderlich und reicht Fahrlässigkeit.
Das bedeutet, wer beispielsweise lediglich mit Nazipropaganda provozieren will, dies aber als öffentlichen Ärgernis erregenden Unfug empfunden wird, ist nach dieser Bestimmung zu bestrafen. Darunter kann faktisch jedes Bild mit NS-Bezug fallen.
Wann ist das Versenden von Hitler- oder Nazibildern nach dem Verbotsgesetz nicht strafbar?
Lediglich dann, wenn in den Bildern eindeutig die Gegnerschaft zum NS-Regime zum Ausdruck kommt oder es sich Satire Bilder handelt, in denen eben diese Gegnerschaft zum Ausdruck kommt, da sich über das NS-Regime lustig gemacht wird, da es herabgewürdigt wird, ist das Versenden nicht strafbar. Zusätzlich ist auch die Versendung von historischen Bildern nicht strafbar.
Wann ist der Besitz von NS-Devotionalien nicht strafbar?
Der OGH hat in seiner Rechtsprechung 11 Os 48/02 und 15 Os 49/04 klargestellt, dass das bloße Besitzen von nationalsozialistischen Propagandamaterialien, ohne weitere Absicht, nicht strafbar nach § 3g VG ist. Dies Materialien dürfen aber nicht öffentlich ausgestellt werden. Das „Ansammeln“ von NS-Propagandamaterial mit Wiederbetätigungstendenz stellt jedoch ebenfalls bereits eine typische NS-Wiederbetätigungshandlung dar, die das vollendete Delikt nach § 3g VerbotsG begründet.
Wie kann ich Sie verteidigen:
Am besten Sie versenden oder posten solche Bilder, die irgendwie unter oben angeführte Tatbestände fallen können, überhaupt nicht. Achtung, wie bereits ausgeführt, ist bei Verstößen nach § 3g Verbotsgesetz keine Öffentlichkeit erforderlich, sondern machen Sie sich bereits strafbar, wenn sie dies an einen Freund schicken. Bedenken Sie, dass der Empfänger Sie damit sogar erpressen kann und auch Screenshots anfertigen kann.
Neben der hohen Strafandrohung müssen Sie oft mehrere Monate warten, bis Sie Ihren Computer oder Ihr Mobiltelefon wieder zurückerhalten. Die Geräte mit denen Sie die Bilder versendet haben werden idR konfisziert. Zudem wird die Rechtsprechung immer strenger. Bestes Beispiel ist das Urteil des Landesgericht Eisenstadt vom April 2021. Dort postete ein Polizist auf Facebook ein Bild mit Eiernockerl mit Salat am 20. April und dazu schrieb „Mittagessen heute! Heute Eiernockerl mit grünem Salat!“. Diese Person wurde zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 10 Monaten und einer Geldstrafe von € 6.300,00 verurteilt. Gemäß § 41 StGB kann bei Überwiegen der Milderungsgrunde die Mindeststrafe unterschritten werden.
Muss ich Polizei den Code meines Mobiltelefons geben?
Sollte bei Ihnen die Polizei vor der Türe stehen, um eine Hausdurchsuchung durchzuführen und von Ihnen das Mobiltelefon sowie den PC verlangen, sollten Sie der Polizei keinesfalls das Passwort dieser Geräte geben.
Oft behaupten Polizisten wahrheitswidrig, dass sie dazu verpflichtet wären, was Unsinn ist. Sie müssen der Polizei niemals einen Code geben, da Sie sich nicht selbst belasten müssen. Leider ist es jedoch mittlerweile möglich, auch die neuesten Mobiltelefone zu entsperren. Dies dauert in der Regel ca 6 Monate bis die Sperre gehackt wurde.
Verteidigung
Wenn Sie einer solchen Straftat beschuldigt werden, sollten Sie jedenfalls keine Aussage ohne mich als Ihren Rechtsanwalt tätigen. Wie bereits ausgeführt, handelt es sich hierbei um Vorsatzdelikte und muss die Staatsanwaltschaft Ihnen dies erst nachweisen. Daher ist Ihre erste Aussage von entscheidender Bedeutung! Ich entwerfe mit Ihnen eine Verteidigungsstrategie und prüfe, ob überhaupt ein strafbares Verhalten vorliegt. Oft ist die Abgrenzung zwischen einer verfassungsrechtlich geschützten Meinungsäußerung und einer Wiederbetätigung oder Verhetzung schwer zu beurteilen. Seit 01.01.2024 ist es bei nationalsozialistischer Wiederbetätigung auch möglich, eine Diversion zu beantragen. Dazu müssen jedoch bestimmte Bedingen erfüllt sein, weshalb Ihre erste Aussage so wichtig ist. Achtung, auch wenn ein Inhalt nicht unter das Verbotsgesetz fällt, kann er immer noch den Tatbestand der Verhetzung erfüllen. Wanne eine Verhetzung vorliegt finden Sie hier.
Stand 03.01.2024
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Dieser Artikel soll lediglich eine kurze Übersicht darstellen und ist ohne Gewähr. Sofern Sie weitere Fragen haben, können Sie mich gerne jederzeit während meinen Kanzleizeiten telefonisch kontaktieren.
Mag. Sascha Flatz, Ihr Rechtsanwalt für Strafsachen in 1010 Wien.
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