
Welche Strafen drohen in Österreich bei einer Insolvenz?
Eine Insolvenz tritt ein, wenn ein Unternehmen oder eine Privatperson seine fälligen Zahlungen nicht mehr leisten kann. In diesem Fall spricht man von Zahlungsunfähigkeit. Unternehmen sind in Österreich gesetzlich verpflichtet, innerhalb von 60 Tagen nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung ein Insolvenzverfahren zu beantragen.
Was ist das Ziel eines Insolvenzverfahrens?
Das Ziel eines Insolvenzverfahrens ist die gerechte Verteilung des Vermögens unter den Gläubigern. Dabei wird das gesamte pfändbare Vermögen des Schuldners verwertet, um offene Forderungen zu begleichen. Gleichzeitig dient das Insolvenzrecht auch dem Schutz des Schuldners, indem es eine Restschuldbefreiung oder Sanierung ermöglicht.
Allerdings birgt eine Insolvenz nicht nur wirtschaftliche Folgen – sie kann auch strafrechtliche Konsequenzen für Unternehmer oder Geschäftsführer haben. Dieser Artikel erklärt die wichtigsten Straftatbestände, die im Zusammenhang mit einer Insolvenz relevant sind, und zeigt auf, wie sich Schuldner vor strafrechtlichen Folgen schützen können.
Strafrechtliche Konsequenzen bei einer Insolvenz?
Um eine faire Verteilung des Vermögens sicherzustellen, gibt es im österreichischen Strafgesetzbuch (StGB) mehrere Bestimmungen, die Verstöße im Insolvenzfall unter Strafe stellen. Besonders Geschäftsführer von Unternehmen können sich strafbar machen, wenn sie Gläubiger bevorzugen oder Vermögen verheimlichen.
Betrügerische Krida gemäß § 156 StGB
Die betrügerische Krida ist ein schweres Wirtschaftsdelikt und tritt ein, wenn ein Schuldner absichtlich seine Gläubiger schädigt. Dies kann geschehen durch:
- Verheimlichen von Vermögen (z.B. nicht angegebene Auslandskonten oder verschleierten Immobilienbesitz)
- Beiseiteschaffen oder Veräußern von Vermögenswerten, um diese der Insolvenzmasse zu entziehen (z.B. Vermögen noch schnell ins Ausland schaffen)
- Angeben oder Vorspielen falscher Schulden, um den Gläubigern weniger auszahlen zu müssen
Wer sich der betrügerischen Krida schuldig macht, kann mit sechs Monaten bis zu fünf Jahren Freiheitsstrafe bestraft werden. Ist der entstandene Schaden höher als € 300.000,00, steigt das Strafmaß auf bis zu zehn Jahre Haft.
Grob fahrlässige Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen gemäß § 159 StGB
Auch wenn kein Vorsatz vorliegt, können Geschäftsführer oder Schuldner strafrechtlich belangt werden, wenn sie durch grobe Fahrlässigkeit ihre wirtschaftliche Lage verschlechtern. Der grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen macht sich strafbar, wer
- grob fahrlässig durch kridaträchtiges Verhalten seine Zahlungsunfähigkeit herbeiführt
- in Kenntnis oder fahrlässiger Unkenntnis seiner Zahlungsunfähigkeit durch kridaträchtiges grob fahrlässiges Verhalten die Befriedigung zumindest einer seiner Gläubiger vereitelt oder schmälert
- wer grob fahrlässig durch kridaträchtiges Verhalten seine wirtschaftliche Lage so beeinträchtigt, dass Zahlungsunfähigkeit eingetreten wäre, wenn nicht von anderer Seite Maßnahmen oder Zuwendungen veranlasst worden wären.
Bis zu ein Jahr Freiheitsstrafe oder eine Geldstrafe von bis zu 720 Tagessätzen drohen für dieses Delikt. Falls der Schaden über eine Million Euro beträgt oder viele Gläubiger betroffen sind, erhöht sich die Strafe auf bis zu zwei Jahre Haft.
Kridaträchtige Handlungen – Was gilt als strafbares Fehlverhalten?
Folgende Handlungen gelten als unwirtschaftlich und kridaträchtig und können strafrechtliche Konsequenzen haben:
- Zerstörung, Beschädigung oder Verschleuderung und Verschenken von Vermögen
- Eingehen hochriskanter oder spekulativer Geschäfte außerhalb des üblichen Geschäftsbereichs
- Fehlende oder falsche Buchführung, um den Überblick über die wahre finanzielle Lage zu behalten
- Keine oder verspätete Jahresabschlüsse, wodurch Gläubiger getäuscht werden
In all den Fällen des § 159 StGB muss eine grobe Fahrlässigkeit im Sinne des § 6 Abs 3 StGB vorliegen. Dies bedeutet, dass im Kontext des Gläubigerschutzes eine ungewöhnliche und auffallende Sorgfaltswidrigkeit vorliegen muss (RS0129425).
Begünstigung eines Gläubigers § 158 StGB
Nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit muss ein Schuldner alle Gläubiger gleich behandeln. Wer bewusst nur einzelne Gläubiger begünstigt – beispielsweise durch Zahlungen oder Vermögensübertragungen – und dadurch andere Gläubiger benachteiligt, macht sich ebenfalls strafbar.
Diese Form der Gläubigerbegünstigung wird mit einer Freiheitsstrafe von bis zu zwei Jahren bestraft.
Strafbarkeit der Gläubiger im Falle einer Insolvenz
Nicht nur Schuldner, sondern auch Gläubiger können sich strafbar machen. Dies ist dann der Fall, wenn sie aktiv daran mitwirken, dass Vermögen des Schuldners der Insolvenzmasse entzogen wird.
Strafbare Handlungen umfassen:
- Beihilfe zur betrügerischen Krida (§ 156 StGB) – z. B. das Verstecken von Vermögen
- Schädigung fremder Gläubiger (§ 157 StGB) – z.b. wenn der Gläubiger Vermögen des Schuldners, ohne dessen Einverständnis, beiseite schafft, veräußert oder beschädigt oder ein nicht bestehendes Recht gegen das Vermögen des Schuldners geltend macht
Für die Beihilfe zur betrügerischen Krida, oder Schädigung fremder Gläubiger droht eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren. Liegt der entstandene Schaden über € 300.000,00, steigt das Strafmaß auf bis zu zehn Jahre.
Weitere mögliche Delikte wie Untreue und Betrug
Neben den klassischen Insolvenzdelikten können sich Schuldner auch wegen Betrugs (§ 146 StGB) oder Untreue (§ 153 StGB) strafbar machen:
- Betrug: Ein Betrug liegt vor, wenn jemand bewusst falsche Angaben macht, um sich einen finanziellen Vorteil zu verschaffen. Dies kann beispielsweise der Fall sein, wenn der Schuldner in Kenntnis seiner (drohenden) Zahlungsunfähigkeit eine Verpflichtung eingeht, von der auszugehen ist, dass er sie nicht mehr erfüllen kann. Weitere Einzelheiten zu Betrug finden Sie hier
- Untreue: Ein Geschäftsführer, der Firmengelder missbraucht oder abzweigt, um sich selbst oder Dritte zu bereichern, kann sich ebenfalls strafbar machen. Weitere Einzelheiten zur Untreue finden Sie hier
Tätige Reue gemäß § 167 StGB
In bestimmten Fällen können Schuldner straffrei ausgehen, wenn sie rechtzeitig den entstandenen Schaden wiedergutmachen. Die Voraussetzungen für tätige Reue sind:
- Der Schaden wird dem Opfer vollständig ersetzt oder eine vertragliche Verpflichtung zur Rückzahlung wird eingegangen
- Die Behörde hat noch nicht vom Verschulden des Täters erfahren
Auch wer im Zuge einer Selbstanzeige der Behörde sein Verschulden offenbart und den Schaden bei ihr hinterlegt, bleibt straffrei.
Fazit: Was sollten Schuldner bei einer Insolvenz beachten?
Wer in eine finanzielle Krise gerät, sollte sofort handeln und professionelle Insolvenzberatung in Anspruch nehmen. Die ersten Schritte nach Eintritt der Zahlungsunfähigkeit sind entscheidend. Eine rechtzeitige Anmeldung der Insolvenz innerhalt von 60 Tagen und Transparenz gegenüber den Gläubigern können, ein Strafverfahren verhindern.
Wer in einer schwierigen finanziellen Lage steckt oder bereits eine Anklage erhalten hat, sollte sich sofort von einem Rechtsanwalt beraten lassen, um strafrechtliche Risiken zu minimieren.
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Dieser Artikel soll lediglich eine kurze Übersicht darstellen und ist ohne Gewähr. Sofern Sie weitere Fragen haben, können Sie mich gerne jederzeit während meinen Kanzleizeiten telefonisch kontaktieren.
Mag. Sascha Flatz, Ihr Rechtsanwalt für Strafsachen in 1010 Wien.
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